HOAI 2021 – Gedruckte Exemplare ab sofort bestellbar

Ab sofort stehen Mitgliedern der Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz gedruckte Exemplare der „HOAI 2021“ zur Verfügung. Jedem Mitglied wird bei Interesse das erste Exemplar kostenfrei zur Verfügung gestellt. Weitere Druckausgaben sind für 5,- Euro/Stück zu erwerben. Bitte geben Sie Ihre Bestellung per E-Mail an Frau Anders  anders@ing-rlp.de auf und nennen Sie für eine korrekte Lieferung die gewünschte Menge sowie Ihre aktuelle Anschrift.

 

HOAI aktuell

Das Inkrafttreten der HOAI 2021 am 01.01.2021 markiert den Endpunkt einer seit 2015 andauernden Auseinandersetzung mit der EU-Kommission über die Vereinbarkeit der HOAI-Mindest- und Höchstsätze mit europäischem Recht. Im Ergebnis wird mit der HOAI 2021 und dem zugrundeliegenden Gesetz zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen (ArchLG) in erster Linie das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 04.07.2019 umgesetzt.

 

Berufspolitische Schlussfolgerungen aus dem Urteil des EUGH zur HOAI vom 4.7.2019:
Positionspapier der Planerorganisationen

Informationsschreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 4.7.2019

Informationsschreiben des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau (RLP) vom 9.7.2019

Entwicklungen rund um die HOAI

An dieser Stelle informieren wir seit dem EuGH-Urteil vom 04. Juli 2019 immer aktuell über die Entwicklungen rund um die HOAI. Wie berichtet entbrach infolge des Urteils in der hiesigen obergerichtlichen Rechtsprechung ein Meinungsstreit über die aktuelle Verbindlichkeit des Preisrechts der HOAI.

 

HOAI-Mindestsätze bei Altverträgen: BGH entscheidet zugunsten der Planenden

Mit Urteil vom 18. Januar 2022 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass die von ihm selbst festgestellte Unionsrechtswidrigkeit der verbindlichen HOAI Mindestsätze sogenannten Aufstockungsklagen bei solchen Verträgen nicht entgegensteht, die vor Inkrafttreten der HOAI 2021 abgeschlossen wurden. Heute hat der Bundesgerichtshof (BGH) vor diesem Hintergrund im Ergebnis der Klage eines Planungsbüros stattgegeben, das eine auf Grundlage der Mindestsätze errechnete Restforderung aus einem 2016 abgeschlossenen Vertrag geltend gemacht hat.

Der Präsident der Bundesingenieurkammer, Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, begrüßte das Urteil des Bundesgerichtshofes ausdrücklich. Denn aus Sicht der Bundesingenieurkammer war und ist die Verbindlichkeit der Mindest- und Höchstsätze der früheren HOAI ein Instrument der Qualitätssicherung. Er betonte erneut, dass es Qualität nur zu einem angemessenen Preis gebe – das gelte auch und erst recht für das Planen und Bauen. Wie sich bereits in anderen Ländern zeige, drohe durch den Wegfall dieser Verbindlichkeit ein Preiskampf, der auch mit einem Qualitätsverlust einhergehen könne. Daher werde sich die Bundesingenieurkammer auch weiterhin für auskömmliche Honorare einsetzen und die Novellierung der HOAI 2021 im Sinne des Verbraucherschutzes, aber auch der Planerinnen und Planer, engagiert begleiten.

Die Leistungsphasen und Honorarsätze der HOAI sind seit Jahrzehnten als Grundlage für das Planen und Bauen in Deutschland etabliert und bieten einen verlässlichen Rahmen für Planerinnen und Planer, Auftraggeber und Bauausführende. Dies erfordert allerdings regelmäßige Anpassungen. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung wurde die Forderung der Planerorganisationen aufgegriffen, die HOAI zu reformieren.

Hier können Sie die Urteile einsehen:

BGH-Entscheidung ausgesetzt: EuGH soll entscheiden

Nun hat der BGH über die Frage verhandelt, ob maßgebliche Bestimmungen – insbesondere die Mindest- und Höchstsätze - der HOAI trotz des EuGH-Urteils vom 4. Juli 2019 bis zu einer Neufassung der Verordnung weiterhin gelten oder nicht. Jetzt hat der BGH ein Verfahren über die Vergütung eines Ingenieurs ausgesetzt und dem EuGH mehrere Fragen zu den Folgen der in seinem Urteil angenommenen Unionsrechtswidrigkeit der Mindestsätze der HOAI für laufende Gerichtsverfahren zwischen Privaten vorgelegt.

Fraglich sei, ob die maßgebliche EU-Richtlinie unmittelbar für den einzelnen Bürger gelte, begründete der BGH in Karlsruhe seine Entscheidung. Das höchste deutsche Zivilgericht neigt dazu, "keine unmittelbare Wirkung" anzunehmen. Bauherren, Ingenieure und Architekten müssen damit bis auf weiteres mit Rechtsunsicherheit leben.

Bereits unmittelbar nach dem Urteil des EuGH vom 4. Juli 2019 waren sich mehrere Oberlandesgerichte (OLG) nicht einig über die tatsächlichen Konsequenzen des Urteils. Während die eine Fraktion von einer Weitergeltung der Mindestsätze bis zum Erlass einer neuen gesetzlichen Regelung ausging, behandelte die andere Seite die Mindestsätze sofort als unzulässig und damit nicht mehr anwendbar. Erst recht umstritten war daher die Frage, ob in laufenden Rechtsstreitigkeiten zwischen Privaten im Rahmen sog. „Aufstockungsklagen“ die Mindestsätze noch eingefordert werden konnten (und können) oder nicht.

Aus Sicht des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm seien die maßgeblichen Bestimmungen der HOAI bis zu einer neuen Verordnung weiter anzuwenden. Dieses Verfahren legt der BGH jetzt dem EuGH vor. Die Revision gegen ein Urteil des OLG Celle, bei dem die HOAI aus Sicht des BGH nicht entscheidungserheblich war, wurde dagegen zurückgewiesen.

Der Bundesgerichtshof hat nun die Entscheidung darüber in dem vorliegenden Verfahren des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm ausgesetzt und dem EuGH verschiedene Fragen dazu vorgelegt (die andere Revisionssache wurde zurückverwiesen).

Aus Sicht des BGH bedarf es seitens des EuGH zuvor der Klärung, ob die EU-Dienstleistungsrichtlinie (2006/123/EG) zwischen Privaten unmittelbar Anwendung findet oder nicht. Allgemein wird dies verneint, insofern wäre es folgerichtig, eine Weitergeltung der Mindestsätze in laufenden Rechtsstreitigkeiten zwischen Privaten zu bejahen. Da diese Rechtsfrage aber grundsätzlicher Natur ist, die über den vorliegenden Fall hinaus geht, hat der BGH den EuGH diesbezüglich um Klärung ersucht. Der Zustand der Rechtsunsicherheit für laufende Verfahren bleibt damit jedoch zunächst bestehen.

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss zur Vorlage dieser umstrittenen Frage an den EuGH deutlich gemacht, dass er zur Auffassung des Oberlandesgerichtes Hamm neige. Danach könne eine Berufung auf die aus EuGH-Sicht nicht europagemäßen HOAI-Regelungen keine Auswirkung auf Entscheidungen in zivilrechtlichen Verfahren haben.

In der Mitteilung der Pressestelle des BGHs vom 14.05.2020 heißt es: "Eine Richtlinie kann demgemäß grundsätzlich auch nicht in einem Rechtsstreit zwischen Privaten angeführt werden, um die Anwendung der Regelung eines Mitgliedstaats, die gegen die Richtlinie verstößt, auszuschließen.“

Die zuständigen Ressorts der Bundesregierung arbeiten derzeit unter enger Einbindung der Bundesingenieurkammer, der Bundesarchitektenkammer und dem AHO an einer Anpassung der HOAI an die Vorgaben des EuGH-Urteils vom 4. Juli 2019 (C-377/17). Mit der novellierten Verordnung ist laut Angaben noch im Sommer 2020 zu rechnen.

In einem nächsten Schritt sollen die übrigen – über die vom EuGH festgestellte Unionsrechtswidrigkeit hinausgehenden – Punkte der HOAI angegangen werden.

 

OLG Düsseldorf Urteil vom 17.09.2019 - 23 U 155/18 -

Auch das OLG Düsseldorf hat sich Im Rahmen einer „Aufstockungsklage" mit dem Urteil des EuGH vom 04.07.2019 auseinandergesetzt. Ausgangspunkt war, dass ein unter den Mindestsätzen liegendes Pauschalhonorar nach der HOAI 2009 vereinbart worden war und der Auftragnehmer nun die Mindestsätze geltend gemacht hat.

Hierzu hat das OLG Düsseldorf ausgeführt:

"Der EuGH hat einen Vertragsverstoß des Mitgliedsstaats festgestellt. Aus der Feststellung des Vertragsverstoßes folgt für den verurteilten Mitgliedsstaat die Pflicht, den Verstoß zu beenden. Diese Pflichttrifft sämtliche Stellen des verurteilten Staates, somit auch die Gerichte. Hieraus folgt, dass das Preisrahmenrecht der HOAI nicht mehr angewendet werden darf."

Darauf könnten sich auch Einzelpersonen gegenüber dem Mitgliedsstaat berufen. Die Ansicht des OLG Hamm (Urteil vom 23.07.2019 - 21 U 24/18 -) und des Kammergerichts (Beschluss vom 19.08.2019 - 21 U 20/19 -) seien unzutreffend. § 7 Abs. 1 HOAI bedeutet einen Eingriff, der auch durch Gerichte nicht mehr stattfinden darf.
Daran ändere auch § 7 Abs. 5 HOAI 2013 nichts. Dadurch dass § 7 Abs. 1 HOAI nicht mehr angewendet werden darf, sei der Verweis auf § 7 Abs. 5 HOAI gegenstandslos. Nach der Dienstleistungsrichtlinie bedürften Mindest- und Höchstpreise stets der Rechtfertigung. Eine im Rahmen der Mindest- und Höchstsätze beschränkte Möglichkeit zur freien Preisvereinbarung reiche daher nicht aus, um den Verstoß zu beseitigen  

VK Bund Beschluss vom 30.08.2019 VK 2 - 60/19

Aus der EuGH-Entscheidung vom 04.07.2019 ergibt sich (ab sofort) für einen öffentlichen Auftraggeber das Verbot, die EU-rechtswidrigen Vorschriften der HOAI bei der Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen als Zuschlagskriterium anzuwenden.

Im entschiedenen Fall hatte die Vergabestelle mit Vermerk vom 22.07.2019 festgestellt, dass das Urteil des EuGH vom 04.07.2019 in der Rechtssache RS. C - 377/17 keine Auswirkungen auf das streitgegenständliche Vergabeverfahren hätte. Dies hat die Vergabestelle daraus geschlossen, dass die überwiegenden Leistungen frei kalkulierbar seien. Neben verschiedenen anderen Angriffen gegen die Bewertungsmatrix wandte sich eine Bieterin gegen die Tatsache, dass für die Kalkulation der Honorare die Regelungen der HOAI verbindlich seien, soweit die Leistungen dort geregelt seien. Somit habe die Vergabestelle den Bietern für den nach der HOAI zu kalkulierenden Honoraranteil nach § 7Abs. 1 HOAI die verbindlichen Preissätze vorgegeben. Damit war das zu kalkulierende Honorar nicht vollständig frei vereinbar.

Die unmittelbare Anwendung der Dienstleistungsrichtlinie sei im Verhältnis zwischen Bürgern und staatlichen Stellen zulässig und dementsprechend auch in Nachprüfungsverfahren geboten, urteilte die Vergabekammer. Dies habe der EuGH mit seiner Entscheidung bestätigt. Die Berufung durch einen Bieter in einem Vergabeverfahren auf die Vorschriften der Dienstleistungsrichtlinie sei nach Art. 288 Abs. 3 AEUV gegenüber dem jeweiligen Mitgliedsstaat möglich, an den diese gerichtet sind. Jedem Bieter sei eine umfassend freie Kalkulation zu eröffnen. Nach § 76 Abs. 1 S. 2 VgV dürfen die verbindlichen Mindest- oder Höchstsätze durch die Auftraggeber nicht mehr verbindlich vorgegeben werden. Dementsprechend musste das Vergabeverfahren zurückversetzt werden in den Stand vor Abgabe der Endangebote.  

Fazit:

Beide Entscheidungen gehen im Tenor davon aus, dass die Gerichte und die Vergabestellen das Urteil des EuGH ab sofort zu beachten haben. Eine Umsetzung des deutschen Gesetzgebers ist nach dieser Ansicht dafür nicht erforderlich. Vergabestellen dürfen keinen Preisrahmen mehr für Honorare vorgeben. Die Honorare müssen frei kalkulierbar sein. Vergabestellen sind aber berechtigt, verbindliche Preise vorzugeben (§ 58 Abs. 2 S. 3 VgV). Diese vorgegebenen Preise dürfen dann aber nicht in der Wertung berücksichtigt werden.
Dies könnte eine Lösung darstellen bis klar ist, wie sich in Zukunft das Preisrecht für Planungsleistungen gestaltet.

 

OLG Celle Urteil vom 17.07.2019 - 14 U 188/18 -

Mit dem Urteil vom 04.07.2019 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die Mindest- und Höchstsätze der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) nicht mehr verbindlich vorgeschrieben werden dürfen, sondern die Honorare zukünftig frei zu vereinbaren seien. Dieses einschneidende Urteil hat uns dazu bewogen, Sie an dieser Stelle nochmals gesondert über aktuelle Entscheidungen und Entwicklungen in Bezug auf das Thema „HOAI“ zu informieren. Für weitere Informationen beachten Sie bitte auch unsere Beiträge auf der Homepage sowie in der DIB-Beilage.“

  • Das OLG Celle entschied am 17.07.2019, dass das Nachfordern der Mindestsätze treuwidrig sein kann. Der Auftraggeber kann sich vielmehr darauf verlassen, dass nach Jahren nicht nachgefordert wird. Wegen des Anwendungsvorbehalts des Europarechts sind die Gerichte verpflichtet, in laufenden Rechtsstreiten einen Richtlinienverstoß zu beachten, solange keine unangemessene Benachteiligung im Sinne eines sittenwidrig niedrigen Honorars vorliegt.
Entscheidungstenor:
  1. Die Mindest- und Höchstsätze der HOAI sind europarechtswidrig (EuGH, Urt. v. 04.07.2019 – C-377/17). Wegen des Anwendungsvorbehaltes des Europarechts sind die Gerichte verpflichtet, die für europarechtswidrig erklärten Regelungen der HOAI nicht mehr anzuwenden.
  2. Die Entscheidung des EuGH C-377/17 ist auch in laufenden Verfahren umzusetzen. Die für die nationalen Gerichte bindende Auslegung des EU-Rechts wirkt sich auf bestehende Vertragsverhältnisse aus, wenn dort in Abweichung des vereinbarten Honorars unter Bezug auf den HOAI-Preisrahmen ein Honorar in diesem Rahmen durchgesetzt werden soll.
  3. Honorarvereinbarungen sind nicht deshalb unwirksam, weil sie die Mindestsätze der HOAI unterschreiten oder deren Höchstsätze überschreiten. Infolge der EuGH-Entscheidung vom 04.07.2019 ist es von Rechts wegen nicht mehr zulässig, getroffene Honorarvereinbarungen an den Mindest- und Höchstsätzen der HOAI zu messen. Honorarvereinbarungen, die das Preisrecht der HOAI ignorieren, sind daher unter diesem Gesichtspunkt nicht mehr unzulässig.
  4. Nach Vereinbarung eines die (unionsrechtswidrigen) HOAI-Mindestsätze unterschreitenden Pauschalhonorars ist eine Nachforderung zur Schlussrechnung auf der Basis der Mindestsätze nicht zulässig.
  5. Die Nachforderung kann im Einzelfall auch treuwidrig sein (hier bejaht).

Hier das vollständige Urteil des OLG Celle vom 17.07.2019

 

OLG Celle Urteil vom 14.08.2019 - 14 U 198/18 -

  • Ein weiteres Urteil des OLG Celle erging am 14.08.2019 mit folgendem Entscheidungstenor:
Entscheidungstenor:
  1. Mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 4. Juli 2019 (C 377/17) ist die Verbindlichkeit des HOAI-Preisrechts entfallen. Die Mindest- und Höchstsätze der HOAI sind europarechtswidrig.
  2. Die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (Dienstleistungsrichtlinie) dient im Unterschied zu den privatrechtsgestaltenden Richtlinien nicht der Harmonisierung von bestimmten Rechtsgebieten des Privatrechts der einzelnen Mitgliedsstaaten, sondern zur Beseitigung von europarechtswidrigen Beschränkungen der Dienst- und Niederlassungsfreiheit. Die Dienstleistungsrichtlinie unterscheidet sich von den herkömmlichen Richtlinien, die der Harmonisierung dienen, dadurch, dass sie wie das Primärrecht zugleich bestehende Hindernisse für die Niederlassungsfreiheit von Dienstleistungserbringern und für die Dienstleistungsfreiheit beseitigen soll.
  3. Eine Anpassung des interstaatlichen Rechts ist daher nicht erforderlich. Die Feststellung EuGH im Urteil vom 4. Juli 2019 verpflichtet die Mitgliedstaaten, den unionskonformen Zustand unverzüglich herzustellen. Eine Frist sieht der EU-Vertrag nicht vor. Mit dem Erlass des Urteils sind die Mitgliedsstaaten verpflichtet, das unionsrechtswidrige nationale Recht nicht mehr anzuwenden.
  4. Die nationalen Gerichte sind daher verpflichtet, die Beachtung des Urteils sicherzustellen. Es ist nicht erforderlich, dass unionsrechtswidrige Gesetze oder Verordnungen aufgehoben werden. Es gilt der Grundsatz des Anwendungsvorangs des Unionsrechts (entgegen OLG Hamm, Urteil vom 23. Juli 2019 - 21 U 24/18).
  5. Die für die nationalen Gerichte bindende Auslegung des EU-Rechts wirkt sich auf bestehende Vertragsverhältnisse aus, wenn dort in Abweichung des ver-einbarten Honorars unter Bezug auf den HOAI-Preisrahmen ein Honorar in diesem Rahmen durchgesetzt werden soll.
  6. Honorarvereinbarungen sind nicht deshalb unwirksam, weil sie die Mindestsätze der HOAI unterschreiten oder deren Höchstsätze überschreiten. Infolge der EuGH-Entscheidung vom 4. Juli 2019 ist es von Rechts wegen nicht mehr zulässig, getroffene Honorarvereinbarungen an den Mindest- und Höchstsätzen der HOAI zu messen. Honorarvereinbarungen, die das Preisrecht der HOAI ignorieren, sind daher unter diesem Gesichtspunkt nicht mehr unzulässig.

Hier das vollständige Urteil des OLG Celle vom 14.08.2019

 

OLG Hamm Urteil vom 23.07.2019 - 21 U 24/18 -

  • Das OLG Hamm entschied am 23.07.2019, das Vertragsverletzungsverfahren binde nur den Mitgliedstaat. Für den einzelnen Unionsbürger keine Rechtswirkungen aus dem EuGH- Urteil vom 04.07.2019. Die geltende HOAI ist zu beachten, eine Rückwirkung gibt es nicht. Eine richtlinienkonforme Auslegung setzt voraus, dass der erkennbare Wille des Gesetz- oder Verordnungsgebers nicht verändert wird.

Nach Ansicht des Senats ist eine richtlinienkonforme Auslegung des den Mindestsatz begründenden § 7 HOAI danach ausgeschlossen, weil die Bundesrepublik im Verfahren unmissverständlich klar gemacht hat, dass sie das System der Mindest- und Höchstsätze für erforderlich hält, um die Planungsqualität sicher zu stellen.

Entscheidungstenor:
  1. Die Entscheidung des EuGH im Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland, wonach diese durch Aufrechterhaltung der Bestimmungen zum zwingenden Preisrecht in der HOAI gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. g und Abs. 3 der Richtlinie 2006/123 verstoßen habe (EuGH, Urteil v. 4.7.2019 – C-377/17, BeckRS 2019, 13028), führt nicht zur Unanwendbarkeit der Mindestsatzregeln gem. § 7 HOAI, denn das Urteil des EuGH im Vertragsverletzungsverfahren bindet nur den Mitgliedstaat, der nach eigenem Ermessen die geeigneten Maßnahmen ergreifen muss, um den europarechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Für den einzelnen Unionsbürger geht von dem Urteil keine Rechtswirkung aus. Die Feststellung der Europarechtswidrigkeit der Mindestsätze der HOAI im Vertragsverletzungsverfahren ändert nichts daran, dass zum Zeitpunkt des Verstoßes die HOAI zu beachten war, denn es gibt insofern keine Rückwirkung (Anschluss an OLG Naumburg, NZBau 2017, 667, 669; KG, IBR 2018, 690; entgegen OLG Celle, Urteil v. 17.7.2019 - 14 U 188/18, BeckRS 2019, 15002; LG Dresden, Beschluss v. 8.2.2018 – 6 O 1751/15, BeckRS 2018, 44863).
  2. Der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts unterliegt bestimmten Schranken. So findet die Verpflichtung des nationalen Richters, bei der Auslegung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften des innerstaatlichen Rechts den Inhalt einer Richtlinie heranzuziehen, ihre Schranken in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen und darf nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen (Anschluss an BGH NJW 2016, 1718, 1721; EuGH, IWRZ 2019, 76, 77; EuGH, NZA 2014, 193, 195).

Hier das vollständige Urteil des OLG Hamm

Mithin werden hierbei zwei unterschiedliche Meinungen vertreten: Neben der Entscheidung des OLG Hamm, das die Auffassung vertritt, dass die jetzige HOAI bis zu einer Änderung durch den Gesetzgeber weiter gilt, vertritt das OLG Celle die Auffassung, dass die Europarechtswidrigkeit der Mindest- und Höchstsätze schon derzeit zu beachten ist. Die oben genannten Entscheidungen sind noch nicht rechtskräftig.

Wegen der unterschiedlichen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte wird wohl erst durch eine Divergenzentscheidung des BGH letztlich Klarheit hergestellt werden.

 

EuGH Urteil zur HOAI vom 04.07.2019

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit dem Urteil vom 4. Juli 2019 abschließend entschieden, dass die Verbindlichkeit der Mindest- und Höchstsätze gegen europäisches Recht verstößt.

Die weiteren Regelungen der HOAI, wie die Ermittlung des Honorars, die Leistungsbilder oder die Honorartabellen bleiben davon unberührt und sind weiterhin gültig. Gleiches gilt für vertragliche Vereinbarungen, die auf der Grundlage der HOAI geschlossen wurden.

Hier das EuGH Urteil HOAI - 04.07.2019 (PDF)

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