Symposium der Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz widmet sich der Flutkatastrophe

„Da hilft nur noch beten“, mit eindringlichen Worten schilderte Cornelia Weigand, Bürgermeisterin der VG Altenahr ihre Eindrücke von der verheerenden Flutnacht im Juli dieses Jahres, in der insgesamt über 150 Menschen ihr Leben verloren, viele Hunderte schwer verletzt und unzählige Existenzen in wenigen Stunden gänzlich zerstört wurden. "Es war klar, es muss katastrophal sein. Wir hatten schon ganz viele Hilferufe von Leuten, die eingeschlossen waren, die sich immer weiter Richtung Dach hochgekämpft haben, teilweise schon auf den Dächern saßen. Und dann kam abends auf einmal noch eine Pegelprognose - da stand dann sieben Meter.“ Es sind Worte, die erschüttern und betroffen machen. Doch der Blick soll auch nach vorne gehen. „Wir sollten uns die Hände reichen und uns weiter vernetzen, denn es können auch neue, gute Ideen entstehen.“

Cornelia Weigand war Podiumsgast beim diesjährigen Symposium der Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz. Um über die Lehren aus den Geschehnissen im Sommer sowie über konkrete Möglichkeiten zum Wiederaufbau der betroffenen Orte in Rheinland-Pfalz zu sprechen, hatte die Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz zu ihrem Symposium im Zeichen der Flutkatastrophe eingeladen. Zu den Gästen zählten die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt, die Bürgermeisterin der betroffenen Verbandsgemeinde Altenahr und der renommierte Hochwasserexperte Prof. Dr. Lothar Kirschbauer. „Die vergangenen Wochen und Monate haben gezeigt, dass die Menschen vor Ort auf eine schnelle und unbürokratische Unterstützung angewiesen sind.“ sagte Dr.-Ing. Horst Lenz, Präsident der Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz. Wenn es um den Wiederaufbau gehe, müssten alle Entscheidungen allerdings auch nachhaltig und gerade deshalb gut durchdacht sein.

„Der dauerhafte Wiederaufbau der Straßen und Brücken in den Flutgebieten erfordert den Einsatz vieler Kräfte im Planungs- und Bauprozess“, sagte Wirtschafts- und Verkehrsministerin Daniela Schmitt, und lobte „die vielen qualifizierten und engagierten Menschen in der Baubranche“.  Die tragische Situation sei auch eine Chance, die Bedeutung von Ingenieursleistungen gesellschaftlich hervorzuheben. „Wichtig ist es nun, auch junge Menschen für diesen Karriereweg zu begeistern. Dabei bin ich zuversichtlich, denn das Berufsbild ist spannend und modern. Neue Planungsmethoden wie BIM, also die vernetzte und softwarebasierte Planung, sprechen junge Menschen an. Der Ingenieurkammer bin ich dankbar, denn mit dem BIM-Cluster tragen wir gemeinsam dieses moderne Thema nach Außen und zeigen auch jungen Menschen, wie attraktiv und modern der Beruf ist“, sagte Daniela Schmitt.

Die Verbandsgemeinde Altenahr nimmt genau das in die Hand: „Wir suchen Pioniere,“ erklärt Cornelia Weigand. Das Ahrtal suche Expertinnen und Experten, die Freude daran hätten, die herausfordernden Aufgaben gemeinsam mit der Verbandsgemeinde und den Menschen vor Ort zu lösen. Eine Chance für die Menschen, die so viel verloren haben, eine Chance für das Ahrtal und eine Chance für Ingenieure, Neues zu schaffen und dabei Altes zu wahren. „Dabei geht es nicht nur um Wiederherstellung des früheren Zustandes. Die Verbandsgemeinde Altenahr will mit der Beseitigung der Folgen der Flut ihre Zukunft gestalten, will beim Wiederaufbau Mehrwerte generieren“, so Weigand. Dabei spielen Klimaschutz und Nachhaltigkeit eine große Rolle wie zum Beispiel das Errichten von Nahwärmenetzen auf Basis erneuerbarer Energien. Man brauche für die Zukunft gezielte Fluchtwege und entsprechende Hochwasserübungen und im Ernstfall frühzeitige Warnsysteme. Prof. Dr. Lothar Kirschbauer fügte hinzu: „Wir müssen der Ahr den Raum geben, den sie sich genommen hat. Denn durch den Klimawandel werden solche Wetterlagen wie im Sommer vermehrt auftreten.“

Die Menschen im Ahrtal ringen um viele große, aber auch viele kleine Fragen. „Es ist für uns eine Ambivalenz zwischen Weitermachen und Wiederaufbau und der Unterstützung und Hilfe für teilweise schwerst traumatisierte Menschen“, sagte die Bürgermeisterin. Dabei können die Bewohner des Ahrtals auf die Unterstützung der Ingenieurinnen und Ingenieure zählen. „Das erlebte Leid können wir leider nicht ungeschehen machen. Wir Ingenieurinnen und Ingenieure in Rheinland-Pfalz sind jedoch mit all unserem Fachwissen und unseren Kräften bereit, die zerstörte Infrastruktur wieder aufzubauen und den betroffenen Menschen schnellstmöglich wieder eine Heimat zurückzugeben. Das haben sie nach den schrecklichen Erlebnissen mehr als verdient“, sagte Horst Lenz und fügte abschließend hinzu: „Die Betroffenen brauchen Klarheit, Umsetzung und Gewissheit, wie es weiter gehen kann. Gelder müssen schnell fließen und Entscheidungen unbürokratisch getroffen werden. Jetzt ist die Zeit des Handelns.“

Das diesjährige Symposium wurde erstmals in hybrider Form organisiert: Während nur ein kleiner Teilnehmerkreis die Veranstaltung vor Ort verfolgte, hatten alle weiteren Mitglieder und Interessierte die Möglichkeit, sich digital dazuzuschalten und per Chatfunktion aktiv am Podiumsaustausch teilzunehmen.

 

Die Teilnehmer des Podiumsaustausch, v. l.: Dr.-Ing Horst Lenz (Präsident Ingenieurkammer RLP), Prof. Dr. Lothar Kirschbauer (Hochschule Koblenz) und Cornelia Weigand (Bürgermeisterin VG Altenahr), moderiert von Kammergeschäftsführer Martin Böhme (r.).
Kammerpräsident Dr.-Ing. Horst Lenz tauschte sich mit Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt über den Einsatz von Ingenieurinnen und Ingenieuren beim Wiederaufbau aus. Sein Appell: Eine schnelle und unbürokratische Vergabe von öffentlichen Aufträgen.
Cornelia Weigand, Bürgermeisterin der vom Hochwasser stark betroffenen VG Altenahr, schilderte eindrucksvoll die Geschehnisse im Juli und berichtete, wie es den Betroffenen heute geht.

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