Recht - Immer wieder: Baukostenobergrenze/Baukostengarantie

In den meisten Verträgen, insbesondere in Vertragsmustern der öffentlichen Hand, gibt der Auftraggeber eine sogenannte Baukostenobergrenze vor. Für den Ingenieur stellt sich die Frage, welche Haftungsrisiken ihn treffen, wenn er solche Vorgaben akzeptiert und bei Beendigung des Vorhabens diese Baukosten nicht eingehalten wurden?

Dabei sind folgende Fälle zu unterscheiden

1. Keine Kostenvorgabe im Vertrag

Eine Haftung kann sich auch ohne solche Vereinbarungen ergeben (OLG Köln, Urt. v. 30.10.2014-24 U 76/1). Grundsätzlich gilt: Selbst wenn eine Vereinbarung einer Kostenobergrenze nicht erfolgt, muss der Planer aktiv nach dem Budget des Auftraggebers fragen. Der Ingenieur schuldet dem Auftraggeber eine zutreffende Beratung über die voraussichtlichen Baukosten. Dies gilt neben der Verpflichtung, verschiedene Kostenermittlungen vorzulegen, bereits im Rahmen der Grundlagenermittlung und besteht auch dann, wenn der Auftraggeber die Verteuerung erkennen kann.

Auch der erst nach der Leistungsphase 3 beauftragte Ingenieur muss sich zur Erfüllung der von ihm als Grundleistung geschuldeten Pflicht zur Kostenkontrolle schon vor der Auftragserteilung des Auftraggebers an die Unternehmer über den vom Auftraggeber gewollten Kostenrahmen von diesem informieren lassen (OLG München, Urteil vom 16.12.2014 - 9 U 491/14 Bau).

Das Planen ohne hinreichende Kostenberatung kann somit zu Ansprüchen des Auftraggebers führen, wenn die Baukosten aus dem Ruder laufen und eine Kostenberatung nicht erbracht wurde.

2. Kostenvorgabe/Beschaffenheitsvereinbarung

Somit ist es zunächst vorteilhaft, wenn der Auftraggeber bereits im Vertrag bekannt gibt, welches Baubudget (Baukostenobergrenze/-limit) er zur Verfügung stellt.

Es handelt sich dann um eine Beschaffenheitsvereinbarung.

Als Voraussetzung ist ausreichend, wenn der Auftraggeber eine Kostengrenze benennt und der Ingenieur dem nicht widerspricht. Dann kann der Auftraggeber davon ausgehen, dass diese Kosten akzeptiert sind.

Bei Vorgabe einer Baukostenobergrenze/-limit Baukostenlimit darf das Objekt grundsätzlich nicht teurer werden. Dessen Einhaltung garantiert der Ingenieur damit jedoch nicht: Das Baukostenlimit setzt der Auftraggeber und der Ingenieur hat sich um dessen Einhaltung zu bemühen

Auch ohne schriftliche Vereinbarung im Vertrag kann ein solches Kostenlimit als Beschaffenheitsvereinbarung zum Tragen kommen. Ein konkludent vereinbartes Baukostenlimit liegt vor, wenn der Ingenieur die Kostenermittlungen an die Finanzierungsvorgaben des Auftraggebers anpasst und der Auftraggeber ihn erst aufgrund einer diesen finanziellen Vorgaben entsprechenden Kostenschätzung beauftragt (OLG Frankfurt, Urteil vom 14.12.2006 - 16 U 43/06; OLG München, Urteil vom 27.09.2016 - 9 U 1161/15 Bau).

3. Baukostengarantie

Von der Beschaffenheitsangabe zu unterscheiden ist die Bausummengarantie. Für die Annahme einer Bausummengarantie muss erkennbar sein, dass der Planer sich persönlich verpflichten will, für sämtliche, den angegebenen Betrag der Baukosten übersteigende Mehrkosten ohne Verschulden einzustehen.

Eine solche weitreichende Erklärung, die zudem vom Versicherungsschutz nicht umfasst ist, stellt die absolute Ausnahme dar. Insbesondere reicht die bloße Zusicherung der Einhaltung einer Baukostensumme dafür regelmäßig nicht aus.

4. Haftungsfolgen

Anspruchsgrundlage ist § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB. Dies bedeutet: Der Ingenieur muss sich an den vorgegebenen Kosten ausrichten, sonst hat er seinen Vertrag schlecht erfüllt. Die Planung entspricht nicht der vereinbarten Beschaffenheit und ist mangelhaft, wenn sie ein Bauwerk vorsieht, dessen Errichtung höhere Herstellungskosten erfordert, als sie von den Parteien vereinbart sind (BGH, Beschluss vom 26.07.2007 - VII ZR 4/07).

Das ist grundsätzlich nicht der Fall, wenn die Nichteinhaltung des Budgets auf Sonder- oder Änderungswünsche des Auftraggebers zurückzuführen sind. Jedoch ist der Ingenieur unter Umständen verpflichtet, bei verteuernden Sonder- oder Änderungswünschen über anfallende Mehrkosten und die Überschreitung der bisherigen Kostenermittlung aufzuklären (OLG Düsseldorf, Urt. V. 23.10.2012 – 21 U 155/11). Voraussetzung ist somit, dass die Wünsche des Auftraggebers auch für dieses Limit umsetzbar sind und der Auftraggeber bei drohender Kostenüberschreitung den Einsparungsvorschlägen des Ingenieurs folgt. Deshalb sehen die Verträge in der Regel umfassende Unterrichtungspflichten des Ingenieurs im Zusammenhang mit der Kostenkontrolle vor.

5. Fazit

Wirtschaftlich betrachtet ist die Vereinbarung einer Kostenobergrenze ein eher "zahnloser Tiger", weil der Auftraggeber den Nachweis führen muss, dass die höheren Baukosten durch eine Pflichtverletzung des Planers verursacht wurden und diese Pflichtverletzung bei ihm zu einem „echten“ Schaden geführt hat. In der Regel steigen die Baukosten jedoch durch zusätzliche Wünsche des Auftraggebers oder durch sonstige äußere Umstände steigen, auf die der Ingenieur keinen Einfluss hat (z. B. unerwartete Erschwernisse aus dem Baugrund etc.). Zudem muss sich der Auftraggeber die durch die höheren Baukosten entstandene Wertsteigerung entgegenhalten lassen.

Dr. Dr. Stefanie Theis LL.M.
Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht
Fachanwältin für Vergaberecht

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