Männerdomäne? Na und! Vizepräsidentin Wilhelmina Katzschmann hat sich mit Frauenpower als erfolgreiche Ingenieurin behauptet
Der Ingenieurberuf als Männerdomäne? Die Statistik antwortet mit einem klaren „Ja“. Allerdings scheinen die Initiativen von Politik, Wirtschaft und Bildungsinstitutionen ihre Wirkung zu zeigen. Denn in den letzten zehn Jahren stiegen die Zahlen der Studienanfängerinnen und erwerbstätigen Ingenieurinnen im Durchschnitt von 16 % auf knapp 25 %. Wilhelmina Katzschmann, Ingenieurin für Elektrotechnik und Vizepräsidentin der Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz, war 1976 am Ende ihres Studiums noch die einzige Frau. “Sicherlich gibt es mehr Frauen heute im Ingenieurbereich, aber sie arbeiten eher in den weniger physiklastigen Bereichen wie Umweltschutz, Chemie oder Informatik”, so Katzschmann. “Aber in den sogenannten ‚harten‘ Disziplinen, wie Maschinenbau und Elektrotechnik dominieren nach wie vor die Männer.”
Die 67-Jährige kennt sich aus in der Branche. Nach dem Studium arbeitete Katzschmann als Entwicklungsingenieurin im Bereich militärische Funktechnik und Navigation. “Zehn bis zwölf Stunden am Tag waren keine Seltenheit.” Arbeiten im Versuchslabor, Überstunden, Einsatz rund um die Uhr gehörten zum Alltag. Einer Karriere in der Forschung stand nur der Kinderwunsch im Weg. “Zu Hause bleiben war aber keine Option”, sagt Katzschmann, “also habe ich nach Wegen gesucht und Lösungen gefunden.”
Die Lösung war dank einer Idee ihres Uni-Professors schnell gefunden. “Zwölf Jahre habe ich im Lehrbereich gearbeitet.” Als Leiterin der Abteilung im Fachbereich Elektrotechnik im Berufsbildungszentrum Neckargemünd hat sich Katzschmann dann auch der Herausforderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie gestellt. Ganz nach der Devise “Geht nicht, gibt’s nicht”, hat die Vizepräsidentin der Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz diese Hürde gemeistert. “Wir hatten keine Oma vor Ort, keine achtstündige Kitabetreuung oder Ganztagsschule”, so Katzschmann, “wir hatten eine Tagesmutter und so konnte ich immer Vollzeit arbeiten.” Sie hätte es auch gar nicht anders gewollt. Wenn Katzschmann nach dem Feierabend zu Hause war und Zeit mit ihren Kindern verbracht hat, “dann war ich wirklich nur für die Kinder da.” Diese wertvollen Momente hat sie sich von niemandem nehmen lassen.
“Vielleicht wäre ich als Mann in die Forschung gegangen”, sagt die Vizepräsidentin der Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz heute, “dennoch würde ich im Rückblick an meinem Lebenslauf nichts ändern wollen.” Nach zwölf Jahren im Lehrbereich wurde es Katzschmann zu langweilig, eine neue Herausforderung musste her. Sie machte sich selbstständig und fünf Jahre später übernahm sie ein bestehendes Ingenieurbüro mit 12 Mitarbeitern, dessen Erben einen Käufer suchten: 1995, mit 42 Jahren und Mutter von zwei Kindern, schlägt Katzschmann einen neuen Weg ein. “Dank einer Bürgschaft meiner Eltern konnte ich das Ingenieurbüro kaufen”, sagt Katzschmann. Zu Beginn habe sie kaum Ahnung gehabt von den laufenden Projekten und dazu kam noch Management, Buchhaltung und Mitarbeiterführung, sie wusste nicht, auf was sie sich eingelassen hatte und hat sich oft gefragt: “Was habe ich da bloß gestartet?”. Doch Aufgeben war nie eine Option. Stattdessen hat sie gekämpft und sich und ihre Firma weiterentwickelt.
“Meine Kompetenzen wurden nie in Frage gestellt, die Akzeptanz für mich und mein Können war immer da und ich habe nie eine Benachteiligung als Frau erfahren”, sagt Katzschmann. Die Männerdomäne im Ingenieurbereich sieht Katzschmann als “tolle Symbiose und als Chance auf gute Zusammenarbeit”. Heute will die 67-Jährige jungen Frauen Mut machen, sie ermuntern ihren Weg zu gehen und dafür einzustehen. “Es ist ein fantastischer Beruf”, so die Ingenieurin, “auch als Frau kann man Karriere machen. Wenn man nach Wegen sucht, findet man auch eine Lösung.”