Ukraine-Krieg: Rohstoffengpässe betreffen auch Bauwirtschaft

Der Krieg in der Ukraine hat viele Auswirkungen – auch auf die Baubranche. Die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland, der Ukraine und Russland liegen auf Eis. Aufgrund der Sanktionen gegen Russland drohen Lieferengpässe und deutliche Preissteigerungen bei vielen Baustoffen, was die ohnehin hohen Baukosten in Deutschland indirekt noch einmal erhöhen dürfte. Bereits jetzt komme es laut Angaben des Zentralverbandes Deutsches Baugewerbe (ZDB) zu Verzögerungen im Straßenbau wegen signifikantem Anstieg der Preise bei Bitumen und Stahl.

Durch die Abhängigkeit zentraler Raffinerien von Lieferungen aus Russland droht ein Ausfall von bis zu einem Drittel der hiesigen Bitumenversorgung, mit entsprechenden Auswirkungen auf den deutschen Straßenbau.

Darüber hinaus berichten Bauunternehmen über deutliche Preissteigerungen bei Stahl bzw. bei Stahlerzeugnissen. Rund 30 % des Baustahls kommen aus Russland, der Ukraine und Weißrussland. Hinzu kommt der hohe Anteil von Roheisen (40 % aus diesen Ländern) und diverser weiterer Rohstoffe, die für die Stahllegierung notwendig sind (Nickel 25 % und Titan 75 %).

Die Bauunternehmen erhalten aktuell nur noch wenige Angebote für Stahlmatten, Träger, Stabstahl und Bleche. Auch Rohre und Aluminiumprodukte seien betroffen, erläuterte der Hauptgeschäftsführer des ZDB, Felix Pakleppa.

Der Zentralverband fordert unbürokratische Maßnahmen wie die sofortige Einführung von Stoffpreisgleitklauseln zur Sicherung der Bautätigkeit in Deutschland. Konkret heißt es, man wolle

eine an die aktuellen Preisentwicklungen angepasste Gleitklausel: „Notwendig ist eine Klausel, die die starken Preisschwankungen sowie Lieferengpässe abbildet und auffängt. Diese Klausel muss auch auf laufende Verträge angewandt werden, da durch die massiven Preissteigerungen viele Verträge nicht mehr darstellbar sind. Denn grundsätzlich trägt zwar das beauftragte Unternehmen das Risiko steigender Preise; aber in der jetzigen Extremsituation handelt es sich um eine Art von ‚Wegfall der Geschäftsgrundlage‘, da diese Preissteigerungen nicht absehbar waren,“ sagt Pakleppa.

Hinzu kämen die steigenden Kraftstoffpreise, die gerade für die überregional tätigen Unternehmen zu einer besonderen Kostenbelastung werden. Die Bauwirtschaft als transportintensivste Branche sei besonders von den Preissteigerungen bei Kraftstoffen betroffen. Auch auf Lieferengpässe, die z.B. aufgrund fehlender ukrainischer LKW-Fahrer entstehen, haben die Unternehmen keinen Einfluss. Aus diesen Gründen schlägt der ZDB einen Runden Tisch der Bundesregierung vor, um gemeinsam Lösungswege für die Auswirkungen der Krise zu ermitteln. „Ansonsten bleiben die großen Bauvorhaben der Regierung auf der Strecke,“ erklärte Pakleppa abschließend.

Bereits zu Beginn des Jahres prognostizierte der Verband Bauwirtschaft Rheinland-Pfalz ein schwieriges Jahr für die Baubranche als Folge der Corona-Krise und der deutschen Energiepolitik. Ein Trend, der durch den herrschenden Krieg jetzt noch weiter verschärft wird. Statistisch gesehen seien die Preise für den Neubau von Wohnungen im vergangenen Jahr um rund neun Prozent gestiegen. In Städten wie Mainz, Koblenz und Kaiserslautern sei der Anstieg noch deutlich höher, gab Hauptgeschäftsführer des Verbandes Thomas Weiler im Januar an. Die höheren Preise und die Engpässe können zu Spannungen zwischen Betrieben und Kunden führen. Weiler rief daher beide Seiten zu Geduld, gegenseitigem Verständnis und einem offenen Umgang miteinander auf. „Kein Unternehmer will seine Verträge nicht erfüllen. Aber die Entwicklung hat die Baubranche ‚kalt erwischt‘“, sagte er. „Vorwürfe helfen deshalb nicht weiter, wenn die für die Bauausführung benötigten Materialien einfach am Markt nicht direkt zur Verfügung stehen.“

 

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