Kooperationsveranstaltung: 26. Vergabetag Rheinland-Pfalz erneut ein großer Erfolg
Mit rund 250 Teilnehmern war der 26. Vergabetag dieses Jahr restlos ausgebucht und wieder ein großer Erfolg. Die Kooperationsveranstaltung der Ingenieur- und Architektenkammer Rheinland-Pfalz sowie der drei kommunalen Spitzenverbände – Gemeinde- und Städtebund, Landkreistag und Städtetag Rheinland-Pfalz – fand am 3. September wiederholt in der Ludwig-Eckes-Festhalle in Nieder-Olm statt.
Herr Göbel, Geschäftsführender Direktor des Landkreistages Rheinland-Pfalz, eröffnete die Veranstaltung und sprach sich in seiner Rede für ein möglichst schlankes Vergaberecht aus: Das Vergaberecht müsse verständlich, vollzugsfreundlich und einfach gehalten werden. Dennoch sei es kein Allheilmittel auf die Generalunternehmervergabe zurückzugreifen, nur um tendenziell aufwendigere Vergabeprozesse zu umgehen, so Göbel.
Staatssekretärin Petra Dick-Walther aus dem Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, Rheinland-Pfalz (MWVLW) ging im Anschluss in ihrem Leitreferat der Landesregierung darauf ein, dass es grundsätzlich verständlich sei, dass die Bevölkerung „Erleichterungen und Entbürokratisierung“ verlange, was sich auch auf das Vergaberecht auswirke. Sie betonte, dass die öffentliche Vergabe notwendigerweise und situationsbedingt auch von Sonderregelungen geprägt sein kann (wie z.B. Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg oder Flutkatastrophe im Ahrtal). Zudem informierte Dick-Walther über das Nachprüfungsverfahren im Unterschwellenbereich, welches aufgrund der guten Resonanz in der Praxis bis auf Weiteres fortgeführt wird. Die Ingenieurkammer begrüßt die Fortführung, da das Nachprüfungsverfahren einerseits für Bieter eine effektive Rechtsschutzmöglichkeit im Unterschwellenbereich schafft, andererseits auch für Auftraggeber die Möglichkeit bietet, rechtssichere Vergabeverfahren zu erreichen.
Bernd Düsterdiek, Beigeordneter des Städte- und Gemeindebundes Berlin, referierte über das von der Bundesregierung im Koalitionsvertrag von 2021 festgeschriebene „Vergabetransformationspaket“. Im Kern soll die öffentliche Beschaffung in ihrer Ausrichtung wirtschaftlicher, sozialer, innovativer und ökologischer werden. Düsterdiek betonte, dass der in Deutschland bestehende erhebliche Transformationsrückstand eine Vereinfachung des Vergaberechts erfordere. Daher sprach er sich auch für eine Erhöhung der Direktauftragswertgrenzen aus.
Nach einer kurzen Kaffeepause referierte Norbert Portz, Leiter des Vergabedezernats des Deutschen Städte- und Gemeindebundes a. D. und ehrenamtlicher Beisitzer der Vergabekammer des Bundes, über die aktuellen Entwicklungen im Vergaberecht und schlug den Gemeinden unter anderem vor, häufiger Rahmenverträge einzusetzen. Hierbei schaffe man einmal den vom Vergaberecht geforderten Wettbewerb und könne dann vielfach abrufen, ohne einzelne Vergabeverfahren durchzuführen. Zudem sei eine Generalunternehmervergabe fallbezogen zu dokumentieren und zu begründen.
Im Anschluss an die Mittagspause hielt Prof. Dr. Heiko Fuchs, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, einen Vortrag mit dem Titel „Keine Vergabereife für Planungsleistungen ohne Bedarfsermittlung?“, und ging dabei primär auf die Vergabereife von Bauaufträgen ein. Insbesondere hob er die Wichtigkeit der Festlegung der Leistungsziele bzw. der Bedarfsermittlung hervor. Der Auftraggeber müsse wissen, was er überhaupt will. Dies sei nicht Sache des Bieters. Dem Bieter ist genau mitzuteilen, was genau beschafft werden soll, auch um spätere Streitpunkte und bspw. Nachtragsleistungen zu vermeiden. Liegt keine ausreichende Aufgabenstellung vor, sei dem Bieter zu raten, seine Behinderung diesbezüglich anzuzeigen. Ein nicht geklärter Bedarf vor Planungsbeginn sei zudem eine der Hauptursachen für Kosten- und Terminexplosionen in Bauprojekten, so Fuchs. Er unterstrich dies anschaulich mit einem Zitat „Der Hauptgrund dafür, warum die meisten Menschen nicht das bekommen, was sie wollen, ist der, dass sie gar nicht wissen, was sie wollen“ (T.H. Erker).
Die Veranstaltung wurde mit einem Vortrag von Henrik Beiersdorf, Vorsitzender der 2. Vergabekammer Rheinland-Pfalz (MWVLW) beendet, der ausführlich auf das Gutachten von Herrn Prof. Dr. jur. Martin Burgi einging, das sich mit den Folgen der Streichung des § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV beschäftigt. Beiersdorf hält das Gutachten für hilfreich, da es den Auftraggebern eine Möglichkeit aufzeige, wie Planungs- und Bauleistungen zusammengefasst bzw. differenziert werden können. Dies sei erforderlich, um zu ermitteln, ob ein Auftrag oberhalb oder unterhalb des Schwellenwertes (von derzeit 221.000 Euro) liege und somit eine EU-weite Ausschreibung erfordere oder nicht.
Der Vergabetag bot den Teilnehmerinnen und Teilnehmern einmal mehr die Möglichkeit, sich über die aktuellen Entwicklungen im Vergaberecht zu informieren und förderte darüber hinaus den gegenseitigen Austausch.