BingK und die IngK Rheinland-Pfalz begrüßen den Entschluss des Bundesrats zur Anhebung der Schwellenwerte im EU-Vergaberecht

Fotomontage: Canva

Am 10. Februar 2023 sprach sich der Bundesrat dafür aus, die Schwellenwerte im Vergaberecht der Europäischen Union (EU) anzuheben. In dem Entschluss wird die Bundesregierung aufgefordert, Änderungsbedarf bei den EU-Schwellenwerten zu prüfen oder sich für einen Sonderschwellenwert für das Planungswesen und freiberufliche Leistungen einzusetzen. Die Bundesingenieurkammer und die Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz begrüßen dies ausdrücklich.

Sollten die EU-Schwellenwerte nicht angehoben werden, müssten bei Bauvergabe in Zukunft immer mehr Projekte europaweit ausgeschrieben werden. Durch den höheren Aufwand, wäre die Teilnahme an öffentlichen Vergabeverfahren dann für viele kleine und mittelständische Ingenieurbüros nicht mehr wirtschaftlich.

Hintergrund des Antrages des Bundesrates ist ein seit 2019 anhängiges Vertragsverletzungsverfahren, das die EU-Kommission gegen Deutschland wegen fehlerhafter Umsetzung der Richtlinie 2014/24/EU über die öffentliche Auftragsvergabe eingeleitet hat, da die deutsche Vergabeverordnung (VgV) eine Sonderregelung im § 3 Abs. 7 Satz 2 enthält, die vorsieht, dass bei Planungsleistungen – anders als bei sonstigen Dienstleistungen – nur die Lose über gleichartige Leistungen zusammenzurechnen sind. Demgegenüber ist die EU-Kommission der Meinung, dass bei einem Bauvorhaben der geschätzte Gesamtwert aller Lose für die Erbringung von Dienstleistungen einzubeziehen und zu addieren ist (Art. 5 Abs. 8 RL 2014/23/EU). Die Auswirkungen dieser unterschiedlichen Rechtsauffassungen liegen in der Rechtsfolge für die europaweite Ausschreibung der Dienstleistungen: Bei einer Addition aller Lose ist der Schwellenwert von derzeit 215.000 Euro schnell überschritten, so sind z.B. die Planungsleistungen bei Bau eines Kindergartens mit einer Bausumme von 1,2 Mio € regelmäßig europaweit auszuschreiben. Sollte § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV entsprechend der Ankündigung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) tatsächlich gestrichen werden, würde die Zahl der europaweiten Ausschreibungen zunehmen. Die Vorgabe der europaweiten Ausschreibung erschwert sowohl den öffentlichen Auftraggebern als auch den teilnehmenden Ingenieurbüros den Ausschreibungs- und Teilnahmeprozess. Daher haben sich die Planenden als auch die kommunalen Spitzenverbände stets für die Beibehaltung der bisherigen Vergabepraxis ausgesprochen.

In der Praxis zeigte sich bereits, dass kaum ausländische Bieter an europaweiten Ausschreibungen von Planungsleistungen teilnehmen. Aufgrund nationaler Regelwerke hat das Planungswesen im Bausektor kaum Auswirkungen für den Binnenmarkt, ein Wettbewerb auf europäischer Ebene findet in der Regel nicht statt. Die europaweite Ausschreibung erhöht den Aufwand und verteuert den Prozess sowohl für die öffentlichen Auftraggeber als auch für die teilnehmenden Ingenieurbüros.

Dr. Heinrich Bökamp, Präsident der Bundesingenieurkammer, betont: „Der für alle Seiten verbundene Aufwand ist unverhältnismäßig. Das deutsche Planungswesen wird von kleinen und mittelständischen Strukturen in der Region getragen. Die Stärkung des Mittelstandes schützt vor der Monopolbildung einiger weniger Anbieter. Alles andere würde mittelfristig den Wettbewerb einschränken und ein effizientes und beschleunigtes Bauen ausbremsen.“ Auch Dr.-Ing. Horst Lenz, Präsident der Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz, bezieht Stellung zum Entschluss des Bundesrates hinsichtlich der Änderungen im EU-Vergaberecht: „Die Vorgaben der EU-Kommission erschweren und verteuern die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen für viele kleinere und mittelgroße Ingenieurbüros und bedeuten einen erheblichen Mehraufwand, der für diese kaum noch wirtschaftlich ist. Hier ist dringender Handlungsbedarf geboten, eine Anhebung der Schwellenwerte ist unbedingt erforderlich.“

Die Bundesingenieurkammer und die Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz befürworten, die Schwellenwerte für Planungsleistungen, die für den Binnenmarkt nicht relevant sind, anzuheben oder für diese eine vergaberechtliche Sonderregelung zu treffen, sodass Ausschreibungen und deren Teilnahme mit weniger Bürokratie verbunden und effektiver sind.

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