Die Bauvorlageberechtigung: Personengebundene Qualifikation mit persönlicher Verantwortung

Die Bauvorlageberechtigung ist als Vorbehaltsaufgabe für Architektinnen und Architekten sowie Ingenieurinnen und Ingenieure in den Landesbauordnungen aller Bundesländer enthalten. Der Gesetzgeber hat sie eingeführt, um bei der Errichtung oder Änderung von baulichen Anlagen im Sinne der Landesbauordnung die Gemeinschaftsgüter Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und Gestaltung zu gewährleisten. Für die Pflicht zur Prüfung von Bauanträgen steht bei den Bauaufsichtsbehörden nicht unbegrenzt Personal zur Verfügung, weshalb diese darauf angewiesen sind, dass Bauvorlagen von Fachleuten mit entsprechender Sachkunde und Erfahrung angefertigt werden. Da es gerade auf diese Sachkunde und Erfahrung ankommt, ist die Bauvorlageberechtigung (wie z.B. auch die Eintragung als Nachweisberechtigter für Standsicherheit bzw. als qualifizierter Tragwerksplaner) eine personengebundene höchstpersönliche Qualifikation.

In den Geschäftsstellen der Kammern melden sich regelmäßig Mitglieder und berichten davon, dass sie als Bauvorlageberechtigte von Personen angesprochen werden, die selbst nicht bauvorlageberechtigt sind. Diese haben selbst Bauvorlagen erstellt und schlagen vor, das Mitglied solle diese doch „gegen gewisses Entgelt“ unterzeichnen bzw. mit seinem Stempel versehen, da ihnen selbst die Bauvorlageberechtigung fehle. Dabei wird teilweise angeboten, man könne ja eine straf- und haftungsrechtliche Freistellung vereinbaren. Derartige Praxis möchten wir zum Anlass nehmen, über die geltende Rechtslage aufzuklären: Die Bauvorlageberechtigung als personengebundene Qualifikation berechtigt dazu, Bauvorlagen für genehmigungsbedürftige sowie genehmigungsfreigestellte Vorhaben verantwortlich zu unterzeichnen.

Ergänzend zur bauordnungsrechtlichen Regelung gilt hierzu die Berufspflicht, dass nur solche Entwürfe unterzeichnet werden dürfen, die selbst oder unter eigener Leitung erstellt wurden. „Unter Leitung“ steht hierbei dem Wortlaut nach in direktem Zusammenhang mit der Erstellung durch den Berechtigten selbst und ist in diesem Zusammenhang zu verstehen: Der berechtigte Listeneingetragene muss den ausführenden direkt anweisen können und mit dem Vorhaben ähnlich gut vertraut sein. Bildlich gesprochen schaut er dem Angeleiteten über die Schulter und delegiert einzelne Arbeitsschritte in Kenntnis des Zusammenhangs. Keinesfalls ist hiermit eine Ausführung fernab des Berechtigten gemeint, der die Ausarbeitung schlussendlich in Unkenntnis vom konkreten Inhalt schlicht unterschreibt.

Daher ist es berufs- und bauordnungsrechtlich unzulässig, fremde Entwürfe zu unterzeichnen. Das Unterzeichnen fremder Entwürfe führt zu uneingeschränkter Haftung für den Inhalt. Ein strafrechtlicher Haftungsausschluss ist unzulässig und zivilrechtliche Haftungsbeschränkungen haben gegenüber Dritten keine Wirkung. Mit der Unterschrift macht sich der Unterzeichner den Inhalt zu eigen – er selbst steht damit für Planungsfehler ein, obgleich er den Inhalt nicht selbst erstellt oder geprüft hat. Dass er den fremden Inhalt ungeprüft unterzeichnet hat, stellt ein bewusst pflichtwidriges Verhalten dar, weshalb seine Haftpflichtversicherung nicht für den Schaden eintritt oder ggf. Regressansprüche geltend machen kann. Darüber hinaus kann der Berufspflichtenverstoß in einem Ehrenverfahren oder berufsgerichtlichen Verfahren mit einer Geldbuße geahndet werden. Sofern der Bauherrschaft der Eindruck vermittelt wird, der Ersteller sei selbst bauvorlageberechtigt und der Bauvorlageberechtigte sich mit seiner Unterschrift daran beteiligt, kann zudem Beihilfe zu einer Straftat vorliegen.

Auch für Büroinhaber mit einer Bauvorlageberechtigung gilt, dass diese nachgewiesen über die Qualifikation verfügen und daher berechtigt sind, selbst erstellte Bauvorlagen zu unterzeichnen. Darüber hinaus dürfen sie Bauvorlagen von Mitarbeitern, welche unter ihrer Leitung tätig sind und deren Arbeit sie geprüft haben, unterzeichnen. Unzulässig ist es hingegen, wenn Mitarbeiter (ob mit oder ohne Wissen des Inhabers) den Stempel eigenmächtig verwenden und Bauvorlagen selbst stempeln, sofern sie nicht auch selbst bauvorlageberechtigt sind. Da die Bauvorlageberechtigung eine personengebundene Qualifikation ist, darf den Stempel hier auch nur der Berechtigte verwenden. Es handelt sich ausdrücklich nicht um einen „Bürostempel“, da nicht das Büro bauvorlageberechtigt ist, sondern nur die bauvorlageberechtigte Person.

Ist der Bauvorlageberechtigte abwesend (z.B. im Urlaub oder krank) dürfen die Bauvorlagen nicht durch andere Personen, die selbst nicht bauvorlageberechtigt sind, unterzeichnet oder gestempelt werden. Eine Unterschrift „im Auftrag“ oder „in Vertretung“ ist unzulässig und stellt für den Bauantrag einen schwerwiegenden Mangel dar. Entsprechend ist es sinnvoll, dass Büroinhaber ihre Mitarbeiter fördern, sich selbst in die Liste der Bauvorlageberechtigten eintragen zu lassen.

Sofern eine Person nicht bauvorlageberechtigt ist oder in einem Büro keine bauvorlageberechtigten Personen tätig sind, ist die Werbung mit dem Erstellen von genehmigungspflichtigen bzw. genehmigungsfreigestellten Bauvorlagen und deren Einreichen bei Bauaufsichtsbehörden irreführend. Da dem Verbraucher vorgetäuscht wird, für die Leistung läge eine Berechtigung vor, kann die Werbung kostenpflichtig abgemahnt werden. Darüber hinaus stellt in Nordrhein-Westfalen das unberechtigte Unterzeichnen oder Einreichen von Bauvorlagen eine Ordnungswidrigkeit dar, welche von der Ingenieurkammer-Bau im Einzelfall geprüft und mit einer Geldbuße von 2.000€ geahndet wird. Das zuständige Amtsgericht Düsseldorf hat die Geldbuße in dieser Höhe inzwischen mehrfach bestätigt. In Rheinland-Pfalz besteht in einem solchen Fall die Möglichkeit einer Sanktion über ein Rüge- und Ehrenverfahren.

Auch die unteren Bauaufsichtsbehörden werden durch die Kammern entsprechend informiert und sensibilisiert. So werden diese zum Beispiel über die Löschungen in Kenntnis gesetzt und weiterhin auch dazu angehalten, aktiv über die Ingenieursuche der Kammern zu kontrollieren, ob der bei der Bauaufsicht in Erscheinung tretende Planer auch wirklich die erforderliche Berechtigung innehat. Dies alles dient dem Schutz der Verbraucher genauso wie dem Schutz derer, die rechtmäßig handeln.

Bei Rückfragen zum Thema wenden sich Mitglieder jederzeit gerne an die für sie zuständige Länderkammer.

Autoren:

Dr. Alexander Petschulat
Justiziar der Ingenieurkammer-Bau NRW

Sebastian Stujke
stellvertretender Geschäftsführer der Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz

 

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