Aktuelles aus der Baubranche: Deutlicher Abwärtstrend beim Wohnungsbau zu erkennen

Symbolbild: Canva

Seit Anfang 2022 gibt es das „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ als Projekt der Ampel-Koalition, das wesentliche Maßnahmen für eine Bau-, Investitions- und Innovationsoffensive vorsieht. Das Bündnis hatte sich zum Ziel gesetzt, jährlich 400.000 Wohnungen fertigzustellen. Um dieses Ziel zu erreichen, sind viele Maßnahmen beschlossen worden, die bisher allerdings nicht ausreichend greifen. So sollen dem sozialen Wohnungsbau bis 2026 14,5 Milliarden Euro an Bundesmitteln bereitgestellt werden. Auch Erleichterungen bei der Bauantragstellung sind beschlossen worden: Zukünftig soll ein Bauantrag bundesweit in digitaler Form gestellt werden können. Für serielle und modulare Bauweisen sollen zudem einmal erteile Typengenehmigungen auch bundesweit gelten. Dafür müssen entsprechende Regelungen in den Landesbauordnungen verankert werden.

Trotz der erleichternden Maßnahmen konnte 2022 das ambitionierte Ziel von 400.000 neuen Wohnungen nicht erreicht werden, so wurden von den Behörden insgesamt nur etwa 354.400 Wohnungen genehmigt. Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) rechnet für 2023 mit einem weiteren Rückgang auf rund 245.000 fertiggestellte Wohnungen. Als Ursache für den schleppend voranschreitenden Immobilienbau werden stark steigenden Baustoff- und Energiepreise sowie der allgemeine Rohstoffmangel und damit verbundene lange Lieferzeiten definiert. Vor allem die unsichere weltwirtschaftliche Lage und die steigenden Zinsen erschweren die Planungen und die Kostenkalkulation für Bauvorhaben erheblich.

Gemäß ifo-Institut waren im September 2022 16,7 Prozent der befragten Unternehmen von Stornierungen im Wohnungsbau betroffen. Die Anzahl der Baugenehmigungen ist nach Angaben der Tagesschau rückläufig. So wurden 2022 von Januar bis September etwa 10.000 Wohnungen weniger genehmigt als im Vorjahreszeitraum. Besonders bemerkbar macht sich der Negativtrend bei Einfamilienhäusern.

Am 6. Dezember 2022 verkündete der Zentralverband des deutschen Baugewerbes (ZDB) seine Prognosen für die Bauwirtschaft im Jahr 2023. Laut ZDB zeichnet sich für die deutsche Bauwirtschaft ein düsteres Bild: Es wird prognostiziert, dass der Umsatz 2023 im Bauhauptgewerbe real um 7 Prozent sinken wird. Der nominale Umsatz von 157,9 Milliarden Euro im Jahr 2022 soll im Jahr 2023 auf 154,6 Milliarden Euro fallen, dabei sinken die Umsätze im Wohnungsbau am stärksten. Erstmals seit 2009 soll auch die Anzahl der Beschäftigten um 7.000 Mitarbeitende leicht sinken.

30 Organisationen und Verbände der Bau- und Immobilienbranche beteiligen sich an der Aktion „Impulse für den Wohnungsbau“. Bild: Bundesingenieurkammer / copyright: Tolu Olubode/Unsplash

Die Aktion „Impulse für den Wohnungsbau“ legt Positionspapier vor

Auch die Aktion „Impulse für den Wohnungsbau“, in der sich 30 Organisationen und Verbände der Bau- und Immobilienbranche einschließlich der Bundesingenieurkammer zusammengeschlossen haben, erwartet einen anhaltenden und sogar zunehmenden Abwärtstrend beim Neubau von Wohnungen.

Der Staat müsse deshalb jetzt entschieden gegensteuern. Das Branchen-Bündnis spricht von einer „Talfahrt, die gerade gefährlich an Tempo zulegt“. Mehr und mehr Wohnungsbauprojekte werden nicht realisiert. „Die bereits heute bestehenden gravierenden Engpässe auf vielen regionalen Wohnungsmärkten werden sich so weiter verschärfen “, so die Aktion. Letztlich drohen Kurzarbeit und Entlassungen.

Die Akteure des Wohnungsbaus in Deutschland fordern deshalb ein schnelles, konsequentes und effektives Handeln bei der Wohnungsbaupolitik von Bund und Ländern. Hierzu legte das Bündnis am 14. März ein Positionspapier als „6-Punkte-Plan für den Wohnungsbau“ vor. Adressaten waren die Bundesregierung, der Bundestag sowie die Landesregierungen, die Länderparlamente und die einzelnen Parteien.

Laut Bündnis müsse eine weitere Verschärfung auf den ohnehin angespannten Wohnungsmärkten unbedingt vermieden werden. Um die soziale Frage des Wohnens in den Griff zu bekommen, müsse die Förderung vor allem beim sozialen Wohnungsbau erheblich höher ausfallen. Das Bündnis schlägt eine neue und attraktivere sowie technologieoffene Förderkulisse für den Neubau vor. Aufgrund der steigenden Baukosten sei beim nachhaltigen und klimafreundlichen Wohnungsneubau eine Verzehnfachung der Fördersumme notwendig: Die für die Neubauförderung bereitgestellte Summe von 1,1 Milliarden Euro müsse auf mindestens 10 Milliarden Euro jährlich erhöht werden. Zusätzlich schlägt das Bündnis eine Sonderförderung für den bezahlbaren Mietwohnungsneubau vor, der eine Mietpreisobergrenze berücksichtigt.

Bundesweit gibt es weniger als 1,1 Millionen Sozialwohnungen – für das Wohnungsbau-Bündnis ein „besorgniserregender Zustand“. Für den sozialen Wohnungsbau müssten Bund und Länder ihre Mittel um ein Vielfaches erhöhen mit dem Ziel, bis 2030 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr neu zu bauen. Zusammen mit dem Ankauf von Belegungsrechten müsse es so gelingen, bundesweit wieder auf mindestens zwei Millionen Sozialwohnungen zu kommen.

Darüber hinaus fordert „Impulse für den Wohnungsbau“ eine Offensive für mehr Wohneigentum: Da es vor allem bei jungen Familien häufig an Eigenkapital mangele, plädiert das Bündnis – wie im Ampel-Koalitionsvertrag vorgesehen – für eine rasche Bereitstellung von Darlehen des Bundes, die das fehlende Startkapital ersetzen sollen. Wer niedrige Einkommen hat, solle darüber hinaus einen Förderbonus des Staates bekommen. Dies sei für weite Teile der Bevölkerung die einzige Chance auf Wohneigentum. Wichtig sei auch, den Kauf von Altbauwohnungen und bestehenden Wohnhäusern zu fördern, wenn diese anschließend energetisch modernisiert würden.

Das Bündnis fordert zudem einen „Sanierungs-Booster“, da die aktuelle Modernisierungsrate im Immobilienbestand nicht ausreiche, um die Klimaschutzziele bis 2045 im Gebäudesektor zu erreichen: Um die energetische Sanierung voranzubringen, müsse der Staat seine Förderung deutlich verbessern. Die Zeit sei dabei ein wichtiger und drängender Faktor. So müssten zum Beispiel die oft umfangreichen Energiespar-Sanierungen von Miethäusern deutlich besser unterstützt werden – ohne Mieterhaushalte zusätzlich zu belasten. Darüber hinaus sei es notwendig, Familien und weniger einkommensstarke Haushalte mit selbstgenutztem Wohneigentum intensiver zu fördern.

Das Bündnis beklagt außerdem, dass effizientes Bauen durch komplizierte Vorgaben erschwert und das Bauen damit verteuert werde. Planungs-, Genehmigungs- und Bauprozesse müssen folglich deutlich „schlanker und schneller“ werden. Notwendig dafür sei auch mehr Personal in den Behörden. Darüber hinaus setzt die Aktion auf „Baumaterial von vor Ort“ und damit für die Stärkung der heimischen Rohstoffgewinnung für das Baumaterial sowie den Einsatz von Recycling-Baustoffen.

Der letzte Punkt des Positionspapiers widmet sich der Bekämpfung des Fachkräftemangels, der die Branche durch den demographischen Wandel bedrohe. Ein geeignetes Mittel zur Sicherung der Arbeitskraft ist die Qualifizierung und Einstellung von Fachkräften aus dem Ausland. Der Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt müsse zu fairen, tariflichen Bedingungen erfolgen. Das Bündnis begrüßt in diesem Zuge die Reform des Fachkräfteeinwanderungsrechts, die Anerkennung ausländischer Abschlüsse müsse jedoch vereinfacht werden. Zudem müssen auch jungen Menschen aus dem Ausland die Möglichkeit geboten werden, eine Ausbildung im Handwerk in Deutschland zu beginnen.

Das  vollständige Positionspapier der Aktion „Impulse für den Wohnungsbau“ kann hier eingesehen werden.

Maike Feddern

Referentin PR & Marketing
Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz

Quelle Aktion Bündnisse für den Wohnungsbau: Bundesingenieurkammer

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